Pilze - eine Übersicht
Pilze gehören zu den am weitesten verbreiteten Organismen auf der Erde. Pilze bilden ein eigenständiges Reich – parallel zum Reich der Tiere und dem Reich der Pflanzen.
Was so alles ins Reich der Pilze gehört, habe ich nachfolgend in kleinen Kapiteln zusammengefasst. Das Ganze ist nicht wissenschaftlich geordnet, sondern eher nach populärwissenschaftlichen Kriterien zusammengefasst..
Speisepilze
Charakteristische Pilzfruchtkörper (wie wir Pilzsammler sie gerne sehen) bilden die höheren Pilze aus - hierher gehören die uns bekannten Speisepilze. Der eigentliche Pilz besteht aus dem unterirdischen Mycel, das aus einzelnen Hyphen (Pilzfäden) zusammengesetzt ist. Es gibt zwei Klassen höherer Pilze:
- Die Schlauchpilze (Ascomycetes) haben als gemeinsames Merkmal den Ascus (Schlauch), in dem die Sporen gebildet werden. Hierher gehört z.B. die Speisemorchel.
- Die Ständerpilze (Basidiomycetes) besitzen flaschenförmige Zellen, an deren Oberfläche es zur Ausbildung der Sporen kommt. In dieser Klasse sind auch die meisten unsere geschätzten Speisepilze zu Hause (Steinpilz, Pfifferling, Riesenschirmling etc.)
Die häufigsten Speisepilze und ihre Doppelgänger | |
Pilzfotos mit Beschreibung der Pilze (nicht systematisch) |
Giftpilze
Als Giftpilze werden Grosspilze (also wie die Speisepilze) bezeichnet – also grössere Arten, die meistens einen mit Hut und einen Stiel besitzen. Giftpilze produzieren Toxine, die für den Menschen tödlich sein können. Für uns Pilzsammler ist eine sichere Unterscheidung zwischen Giftpilzen und Speisepilzen manchmal überlebenswichtig, wie beim Grünen Knollenblätterpilz.
Man unterscheidet heute 12 wichtige Pilzvergiftungs-Syndrome mit typischen Symptom-Konstellationen, die differentialdiagostisch auf den eingenommenen Pilz schliessen lassen:
- Acromelalga-Syndrom (z.B. Wohlriechender Trichterling)
- Coprinus-Syndrom (z.B. Faltentintling)
- Equestre-Syndrom (Grünling)
- Gyromitra-Syndrom (Frühjahrslorchel)
- Morchella-Syndrom (Morcheln)
- Muskarin-Syndrom (z.B. Risspilze)
- Orellanus-Syndrom (z.B. Rauhköpfe)
- Fliegenpilz-Syndrom (Pantherina-Syndrom) (Fliegenpilz, Pantherpilz)
- Paxillus-Syndrom (Kahler Krempling)
- Phalloides-Syndrom (z.B. Knollenblätterpilze)
- Psilocybin-Syndrom (z.B. Kahlköpfe)
Die grösste diagnostische Herausforderung für die Mediziner bei Pilzvergiftungen ist der Ausschluss der Knollenblätterpilzvergiftung (siehe Links!), die unbehandelt häufig schwer oder tödlich verläuft. Die meisten anderen Pilzvergiftungen gehen in der Regel nur mit gastroenteritischen Symptomen einher.
Schimmelpilze - Mykotoxine
Mykotoxine (Schimmelpilzgifte) sind sekundäre Stoffwechselprodukte aus Schimmelpilzen. Es sind inzwischen etwa 200 verschiedene Toxine bekannt, die von über 300 verschiedenen Pilzarten produziert werden. Mykotoxine sind hochpotente Giftstoffe und können bei Menschen und bei Tieren bereits in sehr geringen Konzentrationen toxische Wirkungen zeigen. Mykotoxine werden zu folgenden Stoffgruppen zusammengefasst:
- Aflatoxine (Fact-Sheet, W. Arnold, LABOR SPIEZ)
- Alternaria-Toxine
- Fumonisine
- Fusarium-Toxine
- Mutterkornalkaloide
- Ochratoxine
- Trichothecene
Der Mensch ist hauptsächlich durch Kontaminationen von Lebensmitteln gefährdet. Praktisch alle verschimmelten Nahrungsmittel können Mykotoxine enthalten. Je nach Art der Substanz können Mykotoxine akut oder chronisch toxisch sein.
Pilze und Arzneistoffe
Für die Produktion von Arzneistoffen werden einige Pilzarten in der Pharmazie und der Medizin sehr geschätzt. Viele der Pilzinhaltsstoffe dienen zudem als Leitstrukturen für die Synthese neuer Wirkstoffe.
- Das Antibiotikum Penicillin wird vom Schimmelpilz Penicillium notatum produziert, es wirkt durch Störung der Zellwandsynthese der Bakterien antibiotisch.
- Lovastatin wird vom Pilz Aspergillus terreus und Monascus ruber produziert. Lovastatin ist ein zugelassenes Medikament zur Lipidsenkung und bringt die LDL-Plasmakonzentration zum Sinken.
- Der Pilz Claviceps purpurea befällt den Roggen und bildet dadurch das Mutterkorn (Secale cornutum). Die im Mutterkorn enthaltenen Lysergsäurederivate (Ergotamine) werden in der Medizin immer noch angewendet.
Mutterkorn (Secale cornutum)
Psychoaktive Pilze
Als psychoaktive Pilze werden Pilze bezeichnet, die psychotrope Stoffe wie Psilocybin, Psilocin, Baeocystin, Muscimol oder Ergin enthalten. Bekannt sind psilocybinhaltige Pilze ("Magic Mushrooms"), deren Wirkung wird oft als ähnlich dem LSD beschrieben. Zu ihnen gehören exotische Arten (Psilocybe cubensis, Psilocybe mexicana), aber auch einheimische Arten, wie der Spitzkegelige Kahlkopf (Psilocybe semilanceata).
Alan Rockefeller (Eigenes Werk) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons |
Unerfahrene Pilzsucher riskieren mit dem Sammeln von "Magic Mushrooms" ihre Gesundheit wegen der Verwechslungsgefahr mit anderen, giftigen Pilzarten. Der Fliegenpilz enthält die giftige und selbst schon psychotrope Ibotensäure, die beim Trocknen in das wesentlich wirksamere Alkaloid Muscimol umgewandelt wird.
Pilzerkrankungen
Synonym: Mykosen, Pilzinfektionen, Pilzkrankheiten
Mykosen sind pilzbedingte Infektionskrankheiten. Typische Beispiele sind Fusspilz, Nagelpilz, Scheidenpilz und Mundsoor. Von Bedeutung ist die Abgrenzung oberflächlicher Hautmykosen (die bei allen Menschen auftreten können) von opportunistischen Pilzinfektion, die hauptsächlich bei einem geschwächtem Immunsystem auftreten. Behandelt werden Mykosen innerlich und/oder äusserlich mit Antimykotika.
Zu den bekannten Pilzkrankheiten an Pflanzen gehören die Kraut- und Knollenfäule (Kartoffeln), Mehltau (Äpfeln, Trauben), Schwarzrost (Getreide) Blattfleckenkrankheit (Kulturpflanzen) und Wurzel- und Stängelfäule (Zierpflanzen). Auch die weit verbreiteten Pilzerkrankungen der Kastanien oder der Ulmen ist zu erwähnen.
Eine von Knollenfäule befallene Kartoffel |
Schleimpilze
Die Schleimpilze (Mycetozoa oder Eumycetozoa) sind ein Taxon einzelliger Lebewesen, die in ihrer Lebensweise Eigenschaften von Tieren und Pilzen gleichermassen vereinen. Sie gehören aber aber zu keiner der beiden Gruppen.
Trotz ihres Namens sind sie also keine Pilze. Die Gruppe umfasst etwa 1000 Arten, die Zahl gilt jedoch als ungenau. Nach neuerer Auffassung stellen die Schleimpilze keine gemeinsame Gruppe mehr dar. Innerhalb der Biologie wird die systematische Erforschung der Schleimpilze durch die Botanik bzw. die Mykologie betrieben.
Ein Schleimpilz - Trichia decipiens |
Flechten
Flechten sind grundsätzlich Pilze, die einzellige Grünalgen oder Cyanobakterien als Symbionten beherbergen. Sie sind dank der Photosynthese ihrer Symbionten nicht auf externe Nahrungsquellen angewiesen. Sie können als in Symbiose lebend, ganz anders als jeder der Partner allein, extreme Lebensräume besiedeln. Die betreffenden Pilze sind jedoch ohne ihre jeweiligen Symbionten kaum lebensfähig. Hingegen sind Grünalgen und Cyanobakterien auch selbstständig überlebensfähig, für sie liegt der Vorteil der Symbiose darin, dass sie ihnen (zusammen mit dem Pilz) ein viel breiteres Spektrum an Lebensräumen eröffnet.
© Tomas Castelazo,Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0, Link |
Heil- und Vitalpilze
Heilpilze gehören zu den ältesten Naturarzneien der Menschheit überhaupt. In China und Japan wurden Heilpilze bereits vor mehr als 4000 Jahren mit zum Teil verblüffenden Erfolgen bei einer ganzen Reihe von Krankheiten eingesetzt. So finden Heilpilze und Vitalpilze zur Stärkung der Abwehrkräfte, zur Heilung von Herz – und Kreislauferkrankungen und zur Blutdruck- und Zuckerregulierung Anwendung. Auch zur Leberstärkung und Entgiftung, zur Behandlung von Allergien, Reduzierung von Übergewicht und vor allem zur Verbesserung der Vitalität werden Heilpilze (und Extrakte) eingesetzt. Ein wichtiges Anwendungsgebiet der Heilpilze ist auch die Krebstherapie.
Der Shiitake (Lentinula edodes) wird seit Tausenden von Jahren in China als Medizin geschätzt. |
Von frankenstoen from Portland, Oregon - Shiitake Mushrooms, CC BY 2.0, Link |
Das Heilen mit Pilzen wird Mykotherapie genannt. Die Mykotherapie soll ganzheitlich und individuell wirken. Für diese Therapieform existiert bislang keine hinreichende wissenschaftliche Basis. Eine Zulassung entsprwechender Präparate als Arzneimittel besteht in Deutschland und der Schweiz nicht.
Letzte Änderung: 12.10.2019 / © W. Arnold