Was sind Pilze?

Die Pilze sind Teil des Pflanzenreiches unserer Erde – so dachte man früher. Heute weiss man das Pilze weder Pflanzen noch Tiere sind. Pilze bilden in der Biologie das dritte grosse Reich eukaryotischer Lebewesen. Pilze sind wie Tiere (auch wir Menschen gehören dazu) heterotroph, sie benötigen also für ihren Stoffwechsel von anderen Lebewesen gebildete organische Nährstoffe, die sie meist durch Abgabe von Enzymen aufschliessen und dadurch für sie verfügbar machen. Pilze sind nicht wie Pflanzen in der Lage, eine über das Chlorophyll (Blattgrün) basierenden Photosynthese zu betreiben und damit ihre Lebens­energie aus dem Sonnenlicht zu gewinnen. Dies bringt sie den Tieren etwas näher.

Eine weitere Gemeinsamkeit von Pilzen und Tieren ist, dass beide das Poly­saccharid Glykogen als Speichersubstanz bilden, während Pflanzen Stärke bilden. Für Pflanzen charakteristisch ist das Polysaccharid Zellulose, dieses fehlt bei den Pilzen. Die Zellwände von Pilzen bestehen hauptsächlich aus Chitin, das rückt sie wieder näher zu den Tieren. Auch der ganze Stoffwechsel und genetische Faktoren rücken die Pilze näher zu den Tieren.

Die Unbeweglichkeit der Pilze ist zur Artabgrenzung von den Tieren kein Kriterium. Die Schwämme oder die Steinkorallen verbringen den grössten Teil ihres Lebens ortsfest und sind dennoch Tiere. Wesentliche Unterschiede von Pilzen zu den Tieren bestehen in der Ultrastruktur, so im Vorhandensein von festen Zellwänden und Vakuolen (dehnbare Zellorganellen) – das haben tierische Zellen nicht. Ausserdem vermehren sich Pilze auch ganz anders als Tiere.

Deshalb bilden die Pilze ein eigenständiges Reich – parallel zum Reich der Tiere und dem Reich der Pflanzen.

Steinpilz und Scharfer Korkstacheling

Die Lebensweise der Pilze ist durch folgende Merkmale charakterisiert:

  • Pilze können im Gegensatz zu Pflanzen keine Photosynthese betreiben. Sie sind zur Gewinnung von Energie auf organische Nährstoffe angewiesen. Sie nehmen die Nahrung durch die Zellwand auf und sind unbeweglich.
  • Pilze bilden kein Gewebe, sondern ein Geflecht aus Zellfäden (= Hyphen), das man  in der Gesamtheit als Myzel bezeichnet. Sie können auch als einzelne Zellen wie etwa die Hefen leben.
  • Die Zellen von Pilzen haben einen Zellkern, was sie mit Tieren, Pflanzen und Einzellern zu den „Eukarionten“ vereint und von den Bakterien und Archaeen (Urbakterien) trennt.
  • Pilze haben wie die Pflanzen feste Zellwände, im Gegensatz zu Tieren. Die Zellwände sind meist mit Chitin verstärkt.
  • Pilze vermehren sich über Sporen. Diese dienen zur Verbreitung, Fortpflanzung und zur Überdauerung.

Taxonomie der Pilze

Das Reich der Pilze wird in zwei grosse Gruppen unterteilt:

  • Am zahlreichsten sind die niederen Pilze. Sie haben eine grosse wirtschaftliche Bedeutung. Zu dieser Gruppe gehören unter anderem die Hefen und Schimmelpilze, die zur Herstellung von Brot, Wein, Bier, Käse, Antibiotika usw. dienen.

  • Charakteristische Pilzfruchtkörper bilden die höheren Pilze aus. Der eigentliche Pilz besteht aus dem unterirdischen Mycel, das aus einzelnen Hyphen (Pilzfäden) zusammengesetzt ist. Es gibt zwei Klassen höherer Pilze:

    • Die Schlauchpilze (Ascomycetes) haben als gemeinsames Merkmal den Ascus (Schlauch), in dem die Sporen gebildet werden. Hierher gehört z.B. die Speisemorchel.

    • Die Ständerpilze (Basidiomycetes) besitzen flaschenförmige Zellen (Basidien, Abb. 1), an deren Oberfläche es zur Ausbildung der Sporen kommt. In dieser Klasse sind auch die meisten unsere geschätzten Speisepilze zu Hause (Steinpilz, Pfifferling, Riesenschirmling etc.)

Schema eine Ständerpilzes

Pilze sind faszinierende Lebewesen

Mit schätzungsweise 3.8 Millionen Arten sind Pilze der zweitgrösste Organismen­reich der Erde nach den Tieren. Pilze übertreffen die Vielfalt der Pflanzen damit um etwa das Zehnfache. Derzeit sind erst 120 000 Pilzarten bekannt und wissen­schaftlich beschrieben. Vermutlich gibt es ungefähr 15 000 Pilzarten in der Schweiz, von denen sind etwa 300 Arten essbar (aber nur wenige sind wirklich schmackhaft) und weitere 200 Arten sind für den Menschen giftig, nur wenige von ihnen sind tödlich, wie etwa der Grüne Knollenblätterpilz.

Pilze kehren den Prozess der Photosynthese um, sie verwandeln die durch die blattgrünen Pflanzen entstandenen organischen Stoffe wieder zurück in Wasser und Kohlendioxid. Deshalb stellen sie einen wesentlichen Bestandteil des Ökosystems dar. Unsere Natur ist also ein gigantischer Kreislauf, der von einer unmessbaren Zahl einzelner Individuen getragen wird und bei dem die Pilze eine entscheidende Rolle spielen. Erinnern Sie sich bitte daran, wenn sie giftigen oder für den Kochtopf unbrauchbaren Arten begegnen.

Parasiten und Schädlinge gibt es unter den Pilzen natürlich auch. Viele Pflanzen­krank­heiten werden durch Pilze hervorgerufen, andererseits ist das Wurzelwerk von bis zu 90 Prozent aller Pflanzen von symbiontischen Pilzen umgeben, die den Pflanzen bei der Nährstoffaufnahme aus dem Boden helfen. Diese Form der Symbiose von Pilzen und Pflanzen bezeichnet man als Mykorrhiza.

Für die Produktion von wertvollen Arzneistoffen werden einige Pilzarten in der Pharmazie und der Medizin sehr geschätzt. Viele der Pilz­inhalts­stoffe dienen zudem als Leitstrukturen für die Synthese neuer Arzneistoffe.

  • Das Antibiotikum Penicillin wird vom Schimmelpilz Penicillium notatum produziert, es wirkt durch Störung der Zellwandsynthese der Bakterien antibiotisch.
  • Lovastatin wird vom Pilz Aspergillus terreus und Monascus ruber produziert. Lovastatin ist ein zugelassenes Medikament zur Lipidsenkung und bringt die LDL-Plasmakonzentration zum Sinken.
  • Der Pilz Claviceps purpurea befällt den Roggen und bildet dadurch das Mutterkorn (Secale cornutum). Die im Mutterkorn enthaltenen Lysergsäurederivate (Ergotamine) werden in der Medizin immer noch angewendet.

Pilze werden also nicht nur in "essbar" und "giftig" unterschieden, sondern sind vielgestaltige, faszinierende Lebewesen. Einige erfreuen uns immer wieder durch ihr schönes aussehen und sie sind und bleiben

„die Zierde des Waldes"

Fliegenpilz

Letzte Änderung: 24.02.2018 / © W. Arnold