Schleierkraut - Gypsophila paniculata
Die anerkannte medizinische Anwendung der Schleierkrautwurzel ist die Therapie bei Katarrhen der oberen Luftwege. Als Nebenwirkung werden selten Magenschleimhautreizungen beobachtet.
Gypsophila paniculata (syn. Gypsophila parviflora, Saponaria paniculata);
Schleierkraut (syn. Rispen-Gipskraut, Rispiges Gipskraut).
VORKOMMEN
Das Rispige Gipskraut ist von Ost-Europa bis West-Sibirien heimisch. In Mitteleuropa reichen die natürlichen Vorkommen bis nach Wien und ins Marchfeld (Niederösterreich) und Süd-Mähren. Es wird häufig in Gärten angepflanzt und verwildert in Mitteleuropa selten. Es wächst in Sandsteppen und auf sandigen Hügeln. Verwildert kommt es auch in Sandtrockenrasen, auf Schutt und entlang von Bahn- und Uferdämmen vor. Es ist auf die colline Höhenstufe beschränkt.
MERKMALE
Das Kraut ist 60–90 cm hoch, steif aufrecht, vom Grunde an mehrfach verzweigt und mehr oder weniger kahl.
Die Blätter sind blaugrün, schmal-lanzettlich und scharf zugespitzt. Die Blüten sind weiss
oder rötlich, sehr zahlreich in rispigen und weit ausladenden
Blütenständen. Die Kronblätter sind 3-4 mm lang, ganzrandig oder etwas
ausgerandet, ohne Nebenkrönchen und etwa doppelt so lang wie der Kelch.
Die Kelchzähne sind stumpf. Die Kapsel ist 3-5 mm lang und mit 4 Zähnen öffnend.
Nahe vewandt ist das Gewöhnliche Seifenkraut (Saponaria officinalis), gleichfalls eine wichtige Saponindroge.
DROGEN (verwendete Pflanzenteile)
Saponariae alba radix (syn. Gypsophilae radix, Radix Lanariae, Radix Saponariae alba);
Weisse Seifenwurzel (syn. Levantinische Seifenwurzel,
Russische Seifenwurzel, Italienische Gipskrautwurzel), die getrockneten
Wurzeln.
WIRKSTOFFE / INHALTSSTOFFE
Triterpensaponinkomplex (bis 20 %), mit Gypsosid A, ein Triterpensaponin mit Gypsogenin als Aglykon und D-Glucose, D-Galactose, L-Rhamnose, D-Xylose, D-Fucose, L-Arabinose und D-Glucuronsäure als Kohlenhydratkomponenten. Ausserdem sind Phytosterole vorhanden.
PHARMAKOLOGIE
Die Saponine als Untergruppe der Glykoside nehmen einen wichtigen Platz
unter den therapeutisch wirksamen Bestandteilen von Heilpflanzen ein.
Entsprechend ihrer grossen Strukturvielfalt werden auch eine Vielzahl
unterschiedlicher biologisch-pharmazeutischer Eigenschaften beobachtet.
Es werden u. a. stärkende, entzündungshemmende, harntreibende,
schleimtreibende/schleimlösende und hormonstimulierende Eigenschaften
beobachtet. Ausserdem unterstützen sie die Aufnahme anderer
Inhaltsstoffe aus dem Darm und binden andererseits Cholesterin. Man
vermutet auch eine präventive Wirkung gegen Darmkrebs durch eine
hemmende Wirkung auf die Zellteilung im Darm.
Saponine dürfen jedoch nicht in die Blutbahn gelangen, da
viele von ihnen schon in geringer Menge eine hämolytische
(blutauflösende) Eigenschaft besitzen, also zur Zerstörung der roten
Blutkörperchen führen. Die hämolytische Eigenschaft wird als
quantitative Standardmethode bei der Blutuntersuchung ausgenutzt. Bei
Entzündungen der Darmwand können Saponine die Durchlässigkeit der
Darmwand erhöhen.
ANWENDUNG
Das Schleierkraut wird bei Katarrhen der oberen Luftwege verwendet und ist Bestandteil entsprechender Kombinationspräparate. Äusserlich bei chronischen Hauterkrankungen, besonders Ekzemen. In der Technik als Schaumbildner, unter anderem in Waschmitteln und Feuerlöschern.
ZUBEREITUNG UND DOSIERUNG
Die zerkleinerte Droge wird, heute selten, zur Herstellung von Teeaufgüssen verwendet. Die Tagesdosis beträgt bei dieser Art der Anwendung nur 30-150 mg Droge.
STATUS
- Kommission E: - positive Bewertung
- ESCOP: - keine Bearbeitung
- HMPC: - keine Bearbeitung
SCHLEIERKRAUT IM GARTEN
Sehr wichtig für das Wohlbefinden des Schleierkrautes ist, dass der Boden durchlässig ist. Bei Staunässe faulen die tiefen Pfahlwurzeln, vor allem im Winter. Das Schleierkraut liebt magere Substrate wie Sand oder Schotter und warme, geschützte und sonnige Gartenplätze. Hat das Schleierkraut einen durchlässigen, nicht zu feuchten Boden und einen warmen Platz, ist der Pflegeaufwand gering. Schleierkraut ist winterfest und muss nur in Kübeln gepflanzt geschützt werden. Das Schleierkraut ist auch eine ausgezeichnete Bienenweide. Gute Begleiter sind Lavendel, Rosmarin, Mariendistel, Seifenkraut oder auch der Diptam.
SONSTIGES
Neben der Nutzung als Arzneipflanze ist das Schleierkraut eine beliebte Zierpflanze und oft Bestandteil von Blumensträussen.
Letzte Änderung: 07.01.2021 / © W. Arnold