Ginkgo, Ginkgobaum - Ginkgo biloba

Die anerkannte medizinische Anwendung von Ginkgoblättern erfolgt mit standardisierten Extrakten. Diese werden zur symptomatische Behandlung von leichtem bis mittelschwerem demenziellem Syndrom, hirnorganisch bedingte Leistungsstörungen und neurosensorische Störungen wie Schwindel, Gleichgewichtsstörungen und Tinnitus angewendet. Blattextrakte werden auch zur Verbesserung der kognitiven Leistung und zur symptomatische Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit verwendet.

Ginkgo biloba (syn. Salisburia adiantifolia, S. macrophylla);
Ginkgobaum (syn. Elefantenohrbaum, Fächerblattbaum, Mädchenhaarbaum, Tempelbaum).

Ginkgo biloba - Zweig mit Blättern

VORKOMMEN

Die Gattung Ginkgo war vor ca. 250-100 Mio. Jahren auf der ganzen Erde verbreitet. Die Art konnte im ostasiatischen Raum überleben. Wildbestände gibt es in Südost-China in den Provinzen Zheijiang und Anhui. In Japan, China und Korea wurde Ginkgo kultiviert als Tempelbaum. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde der Baum in Europa eingeführt. In Asien, Europa, Nordamerika wird der Tempelbaum auch als Strassenbaum kultiviert, da er sehr widerstandsfähig ist gegen Luftverschmutzung, Insektizide und Pilze.

Junge Ginkgoblätter

MERKMALE

Ginkgo biloba ist ein bis zu 40 m hoher, zweihäusiger Baum. Vom Habitus ist er zuerst schmal kegelförmig, später mit ausladender Krone. Der Stammumfang kann bis 4 m erreichen. Die Bäume werden mehrere hundert Jahre alt. Die Rinde ist hell- bis dunkelbraun, meist mit groben Furchen und netzförmigen Rissen. Die Blätter sind fächerförmig typisch (mehr oder minder tief zweilappig), grün, im Herbst vor Laubabwurf goldgelb. Sie sind kahl mit parallel verlaufenden gabelig verzweigten Nerven. Die Blätter sitzen wechselständig an Langtrieben oder in Büscheln (3 bis 5 Blätter) an Kurztrieben. Die Blüte erfolgt erst nach etwa 20 bis 30 Jahren. Der Baum blüht im März, er ist zweihäusig getrenntgeschlechtig (diözisch), es existieren also männliche und weibliche Pflanzen.

Mädchenhaarbaum - Einzelnes Blatt

DROGEN (verwendete Pflanzenteile)

Ginkgo folium (syn. Folia Ginkgo, Ginkgo bilobae folium); Ginkgo-biloba-Blätter.
Semen Ginkgo; Ginkgo-biloba-Samen (syn. Ginkgonüsse, Ginkgosamen, manchmal auch fälschlicherweise als Ginkgofrüchte bezeichnet).

WIRKSTOFFE / INHALTSSTOFFE

Flavonoide:
Folgenden Gruppen von Flavonoiden kommen in der Blattdroge vor: Flavanonole (2,3-Dihydroflavonole), Flavon- und Flavonolglykoside, acylierte Flavonglykoside, Flavone, Biflavone, Havan-3-ole (Catechine) und Proanthocyanidine. Interessant sind die Biflavone (bis zu 1.9 %) mit Amentoflavon, Bilobetin, 5-Methoxybilobetin, Ginkgetin, Isoginkgetin und Sciadopitysin.

Sesquiterpene:
Der einziger Vertreter ist das bitter schmeckende Bilobalid, das in stark schwankenden Mengen von 0,04 bis 0,2 % vorliegt.

Bilobalid - Inhaltsstoff aus Ginkgo biloba

Diterpene (Terpentrilactone):
Vorhanden sind die Ginkgolide A, B, C und J in einer variablen Gesamtkonzentration von 0,06 bis 0,23 % vor. Sie weisen eine ungewöhnliche Molekülstruktur für einen Naturstoff auf.

Biflavone:
mit Amentoflavon, Bilobetin und Ginkgetin als Hauptkomponenten.

Ginkgolide - Inhaltsstoffe des Ginkgo

Triterpene:
β-Stigmasterol, Sitosterol, Ipuranol, Campesterol (Campesterin) und Weitere wurden nachgewiesen.

Alkylphenolverbindungen:
Gefunden werden Ginkgolsäuren (ca. 2% ), Cardanole (ca. 0,1%), Urushiole und Isourushiole. Die Anwesenheit von Cardolen ist umstritten.

Ginkgolsäure

Die Ginkgolsäuren werden wegen ihrer toxischen und allergischen Eigenschaften bei der Extraktherstellung weitgehend entfernt.

Weitere Inhaltsstoffe:
Gefunden wurden Ginkgole, Cyclit und sehr wenig Ginkgotoxin (4'-O-Methylpyridoxin). Weiter ein Lignanderivat (nor-Lignan), ein als β-Lectin bezeichnetes, nicht näher charakterisiertes Lectin, Carotinoide, sowie Wachse (bis zu 1,0 %).

PHARMAKOLOGIE

Ginkgo-Arzneimittel können ähnlich wie Acetylcholinesterase-Hemmer bezw. Cholinesterasehemmer, die eine Zunahme der Konzentration von Acetylcholin bewirken, für einen gewissen Zeitraum kognitive Parameter verbessern. Die geistige Leistungsfähigkeit wird gesteigert und das Zurechtkommen im Alltag wird erleichtert. Auch die Belastung der Angehörigen wird damit reduziert.

Ginkgoextrakte haben neuroprotektive, antioxidative, thrombozytenaggretationshemmende und durchblutungsfördernde Eigenschaften. Die Extrakte verbessern die Durchblutung kleiner Gefässe (Mikrozirkulation) und erhöhen die Sauerstoffversorgung der Zellen.

Ginkgolsäure kann schwere Allergien und Magenschleimhautentzündungen hervorrufen. Auch cytotoxische, neurotoxische und mutagene Wirkungen wurden nachgewiesen.

ANWENDUNG / WIRKUNG

Anerkannte medizinische Anwendungen:

  • ESCOP - Standardisierte Extrakte: symptomatische Behandlung von leichtem bis mittelschwerem demenziellem Syndrom einschliesslich primärer degenerativer Demenz, vaskulärer Demenz und deren Mischformen; hirnorganisch bedingte Leistungsstörungen; neurosensorische Störungen wie Schwindel, Gleichgewichtsstörungen und Tinnitus; zur Verbesserung der kognitiven Leistung. Symptomatische Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit.
  • HMPC: Pulverisierte Ginkgoblätter wurden vom HMPC als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft. Basierend auf langjähriger Erfahrung können pulverisierte Ginkgoblätter bei schweren Beinen, kalten Händen und Füssen im Zusammenhang mit leichten Durchblutungsstörungen eingesetzt werden, wenn ärztlicherseits eine ernsthafte Erkrankung ausgeschlossen wurde.
  • Kommission E: Sehr ähnlich der ESCOP.

Vorsicht ist geboten bei Nahrungsergänzungsmitteln mit Ginkgo, etwa aus Supermärkten oder aus Drogerien. Die Wirksamkeit ist unklar, da die Qualität solcher Produkte fragwürdig ist.

Volkstümliche Anwendungen und andere Anwendungsgebiete:
In der traditionellen chinesischen Medizin werden Ginkgoblätter bei Asthma, Bluthochdruck, Ohrensausen und Angina pectoris angewendet. In Frankreich bei chronisch venöser Insuffizienz. In Deutschland Anwendungen aus Ginkgoblättem bei arteriellen und cerebralen Durchblutungsstörungen, Vertigo, zur Förderung der Durchblutung und Kräftigung des Adernsystems, insbesondere der Venen. Zudem als „Psychopharmakon" und „Neurotropikum". Die Wirksamkeit dieser Zubereitungen bei den genannten Anwendungsgebieten ist nicht belegt. Bei solchen Anwendungen sind hohe Gehalte an toxischen Ginkgolsäuren zu erwarten.

ZUBEREITUNG UND DOSIERUNG

Es wird empfohlen nur Spezialextrakte, in Form von Kapseln, Filmtabletten oder Tropfen (z.B. Symfona®, Tebokan®, Tebofortin®, Rezirkane®, Tebonin®) zu verwenden. Ginkgotee soll nicht verwendet werden (hoher Gehalt an Ginkgolsäure).
Der Schwerpunkt liegt heute bei der Behandlung der Demenz. In Stärkungsdragées wird Ginkgo oft kombiniert mit Weissdorn, Knoblauch und Ginseng.

STATUS

  • Kommission E: - positive Bewertung für Trockenextrakt (35-67:1) - negative Bewertung für die Blätter!
  • ESCOP - positive Bewertung (Standardisierte Extrakte)
  • HMPC - als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft (Ginkgo folium)

HOMÖOPATHIE

Gingko biloba; die frischen Blätter.
Anwendungsgebiete: bei Mandelentzündung, Kopfschmerz, Schreibkrämpfen.

GINKGO BILOBA IM GARTEN

Junge Pflanzen bekommen sie in jeder Gärtnerei. Für die Freilandpflanzung im Herbst sollten nur robuste, mindestens 6-jährigen Bäumchen verwendet werden. Der Baum gedeiht in voller Sonne am besten, begnügt sich aber aber auch mit Halbschatten. Ist der Tempelbaum einige Meter hoch, ist er ein Wunder an Anpassungsfähigkeit in ihrem Garten - er braucht keine weitere Pflege mehr. Ginkgo ist robust, gesund, pflegeleicht und dank den neuen Sorten, die auch für Kübel und Tröge geeignet sind, fast überall zu verwenden.
Bedenken sie, dass in zwanzig Jahren das kleine Bäumchen in die Breite wachsen und Schatten werfen wird. Erst in 100 Jahren ist der Ginkgo ein majestätischer Baum mit dickem Stamm und ist dann "erwachsen". Neben meinem Mädchenhaarbaum wachsen bei mir der Mönchspfeffer und die Zaubernuss.

Ginkgo biloba - Ast mit Blättern

SONSTIGES

Der Grund für die bis heute grosse Bedeutung des Ginkgo für Kunst, Kultur und Heilkunde liegt vor allem in der Chinesischen Philosophie und der ansprechenden Morphologie des Baumes und seiner Blätter. Der Tempelbaum wird seit langem als kraftspendend und lebensverlängernd verehrt.

Der ungewöhliche Habitus des Ginkgoblattes hat Goethe zum Gedicht „Ginkgo biloba" inspiriert, das heute noch bekannt und populär ist. Es findet sich in einer Gedichtsammlung, die Goethe im Winter 1814/15 verfasste.

Ginkgo biloba

Dieses Baums Blatt, der von
Osten Meinem Garten anvertraut,
Giebt geheimen Sinn zu kosten,
Wie's den Wissenden erbaut.

Ist es Ein lebendig Wesen,
Das sich in sich selbst getrennt,
Sind es zwey, die sich erlesen,
Dass man sie als Eines kennt?

Solche Frage zu erwiedern
Fand ich wohl den rechten Sinn,
Fühlst du nicht an meinen Liedern
Dass ich Eins und doppelt bin?

Letzte Änderung: 17.05.2021 / © W. Arnold