Indische Schlangenwurzel, Rauwolfia - Rauvolfia serpentina

Die anerkannte medizinische Anwendung der Schlangenwurzel (Rauvolfia sp.) ist die Anwendung bei leichter, essentielle Hypertonie (Grenzwerthypertonie), besonders bei erhöhtem Sympatikotonus mit zum Beispiel Sinustachykardie, Angst und Spannungszuständen und psychomotorischer Unruhe. Aufgrund der unerwünschten Wirkungen werden die Wurzel oder die Reinstoffe (Reserpin, Ajmalin) heute sehr selten verwendet.

Rauvolfia serpentina (syn. Ophioxylon obversum, O. serpentinum, Rauvolfia obversa)
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Indische Schlangenwurzel (syn. Schlangenholz, Wahnsinnskraut, Java-Teufelspfeffer).

Schlangenwurzel - Rauvolfia serpentina

VORKOMMEN

Die Indische Schlangenwurzel ist ursprünglich in Indien beheimatet und hat sich von dort in Indonesien, Pakistan und Sri Lanka verbreitet. Die Areale befinden sich in Bergwäldern in Höhenlagen zwischen 800 und 1500 m in Indien, Indonesien, Malaysia, Myanmar, Sri Lanka, Thailand und in den chinesischen Provinzen: im südlichen Yunnan (Gengma, Jing-hong), südlichen Guangxi und Hainan (angebaut im südlichen Guangdong). Um die Wildbestände der Pflanze nicht zu gefährden, ist der Export aus Indien seit 1997 verboten.

MERKMALE

Die Indische Schlangenwurzel ist ein immergrüner, aufrecht wachsender Strauch, der eine durchschnittliche Wuchshöhen von 50 bis 100 cm erreicht. Die Pflanzen enthalten Milchsaft und haben eine glatte weisse Rinde. Die gestielten Laubblätter sind spitz­eiförmig und glänzend. Sie bildet zwischen (Februar) April und Mai (Oktober) viele kleine, zwittrige, radiärsymmetrische Blüten aus. Die Kelchblätter sind rötlich. Die weissen Kron­blätter sind zu einer Kronröhre verwachsen. Die Kronzipfel überlappen nach links. Es ist nur ein Staubblattkreis vorhanden; die Staubfäden sind sehr kurz. Der Fruchtknoten ist oberständig. Es werden erbsengrosse, erst rote, bei der Reife dann schwarze Steinfrüchte gebildet, die etwa 8 mm gross sind.

DROGEN (verwendete Pflanzenteile)

Rauvolfiae radix (Radix Rauvolfiae); Indische Schlangenwurzel (syn. Rauvolfiawurzel), die getrockneten Wurzeln.

WIRKSTOFFE / INHALTSSTOFFE

Bei den medizinisch wirksamen Bestandteilen handelt es sich um etwa 60 verschiedene Alkaloide, genauer um Monoterpen-Indolalkaloide des Yohimban-, Heteroyohimban-, Sarpagan- und Ajmalantyps. Der Gesamtalkaloidgehalt liegt bei 1-2 %. Die beiden Hauptwirkstoffe sind das Reserpin und das Rescinnamin. Weitere Alkaloide sind beispielsweise: Ajmalin, Deseripin, Serpentin und Yohimbin.

Reserpin - Inhaltsstoffe der Schlangenwurzel

PHARMAKOLOGIE

Die Wirkung von Reserpin auf den Säugetierorganismus lässt sich in eine periphere und eine zentrale Komponente unterteilen. Während erstere für die Senkung des Blutdrucks ausschlaggebend ist, gehen auf letztere die Wirkungen zurück, deretwegen es zuerst als Neuroleptikum eingesetzt wurde und heute obsolet ist.

ANWENDUNG

Angaben der Kommission E:

  • Wirkungen: Auf Grund der ausgeprägten Sympatikolyse (Katecholaminverarmung) blutdrucksenkend und sedierend. Darüber hinaus bestehen für bestimmte Alkaloide direkte zentrale und periphere Angriffspunkte.
  • Anwendungsgebiete: Leichte, essentielle Hypertonie (Grenzwerthypertonie), besonders bei erhöhtem Sympatikotonus mit zum Beispiel Sinustachykardie, Angst und Spannungszuständen und psychomotorischer Unruhe, sofern diätetische Massnahmen allein nicht ausreichen.
  • Gegenanzeigen: Depressionen, Ulkus-Krankheit, Phäochromozytom, Schwangerschaft und Laktation.
  • Nebenwirkungen: Verstopfte Nase, depressive Verstimmung, Müdigkeit, Potenzstörungen.
    Hinweis: Dieses Arzneimittel kann auch bei bestimmungsgemässem Gebrauch das Reaktionsvermögen soweit verändern, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Strassenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt, wird. Dies gilt in verstärktem Masse im Zusammenwirken mit Alkohol.
  • Wechselwirkungen mit anderen Mitteln:
    Digitalisglykosiden - Bradykardie
    Neuroleptika - gegenseitige Wirkungsverstärkung
    Barbituraten - gegenseitige Wirkungsverstärkung
    Levodopa - Wirkungsabschwächung, aber unerwünschte extrapyramidal­moto­rische Symptome können verstärkt werden Sympaticomimetica (z.B. In Husten, Grippemitteln und Appetitzüglern) - initial erhebliche Blutdruckerhöhung.
  • Dosierung:
    Soweit nicht anders verordnet: Mittlere Tagesdosis: 600 mg Droge entsprechend 6 mg Gesamtalkaloiden.
  • Art der Anwendung: Zerkleinerte Droge, Drogenpulver sowie andere galenische Zubereitungen zur inneren Anwendung.

Aufgrund erheblicher Nebenwirkungen werden aber die Droge sowie deren Extrakte und Reserpin als Mono-Präparat therapeutisch nicht mehr verwendet, sondern nur noch niedrig dosiertes Reserpin in Kombination mit anderen Antihypertonika.

Das einzige Mono-Präparat mit dem Rauwolfiaalkaloid Ajmalin ist Gilurytmal® 50 mg/10 ml Injektionslösung, das zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen eingesetzt wird.

ZUBEREITUNG UND DOSIERUNG

Siehe Anwendung. Keine Selbstmedikation! Phytopharmaka gibt es keine. Schlangenwurzel wird heute praktisch nur noch in der Homöopathie angewendet.

STATUS

HOMÖOPATHIE

Rauwolfia serpentina HAB 1; Indische Schlangenwurzel, die getrockneten Wurzeln.
Anwendungsgebiete: Erkrankungen des Zentralnervensystems (Verstimmungszustände), des Herzens und des arteriellen Gefässsystems (Bluthochdruck).

SONSTIGES

Die Wurzeln der Pflanze werden seit Jahrhunderten in der indischen Medizin verwendet und gelangten Anfang des 18. Jahrhunderts auch nach Europa. Ein überzeugter Anhänger von Rauwolfia war laut Überlieferung Mahatma Gandhi. Er soll regelmässig zur Beruhigung und Blutdrucksenkung einen aus der ganzen Pflanze bereiteten Tee getrunken haben.

Letzte Änderung: 22.05.2020 / © W. Arnold