Leonurus cardiaca (Echtes Herzgespann) - Altes Heilkraut neu entdeckt

Zu den frühesten Bestsellern nach der Erfindung des Buchdrucks zählten Kräuterbücher. Sie boten präzise Abbildungen von Heilpflanzen und erläuterten deren möglichen Einsatz. Viele der damaligen Empfehlungen beruhten mehr auf abergläubischen Vorstellungen als auf Erfahrung, anderes hingegen ist schlicht vergessen worden.

Herzgespann Leonurus cardiaca

Mit einer solchen vergessenen Heilpflanze beschäftigten sich jetzt zwei Leipziger Wissenschaftler, dem Herzgespann. "Herzgespann" nannte man früher nervöse Herzbeschwerden, die vor allem Kinder betrafen. Obwohl etwa nach Ansicht Martin Luthers Zauberei eine mögliche Ursache sein sollte, kannte man doch auch ein pflanzliches Mittel gegen die vom Herzen herrührenden Beklemmungsgefühle, das genauso wie die Krankheit genannt wurde und heute die botanische Bezeichnung Leonurus cardiaca trägt. Prof. Stefan Dhein vom Leipziger Herzzentrum entschloss sich auf Grund alter medizinischer Berichte, eine mögliche Verwendung des Herzgespanns als modernes pflanzliches Heilmittel zu prüfen. Dazu beobachtete er zunächst die Wirkung des Krautes auf ein isoliert am Leben gehaltenes Herz eines Kaninchens. Injizierte er diesem einen Sud von Herzgespannkraut, so verlangsamte es seinen Schlag. Es schien also wirklich etwas an den Empfehlungen aus dem Spätmittelalter dran zu sein. Gemeinsam mit dem Pharmazeuten Prof. Hans Wilhelm Rauwald von der Universität Leipzig ging er daran, die genauen Wirkweisen verschieden starker Extrakte des Herzgespanns zu entschlüsseln.

  Wir wissen inzwischen, dass die Wirkstoffe die Versorgung des Herzmuskels mit Blut verbessern. Ausserdem wirkt der Herzgespannextrakt wie ein Kalziumantagonist. Er senkt den Blutdruck, verlangsamt den Herzschlag und entlastet so das Herz.

Prof. Stefan Dhein
 

Wenn Wissenschaftler neue oder vergessene Heilpflanzen entdecken, möchten sie genau wissen, welche darin enthaltenen Stoffe für die Wirkung verantwortlich sind. Diese können dann in der optimalen Dosis zu einem neuen Medikament weiter entwickelt werden.

Rezept: Herzgespann-Tee

Wer das Herzgespann auf traditionelle Weise ausprobieren möchte, überbrüht ein bis zwei Teelöffel mit einem Viertelliter kochendem Wasser und seiht den Tee nach zehn Minuten ab. Über zwei bis vier Wochen zwei- bis dreimal täglich eine Tasse des ungesüssten Tees trinken. Allerdings ist die Wirkung einer Dauertherapie bisher noch unklar.

Achtung: Rhythmusstörungen müssen vorher immer vom Arzt abgeklärt werden! Die Volksmedizin setzt diesen Tee bei Herzjagen, Herzstechen und innerer Unruhe ein. Vorsichtig mit Herzgespann-Tee sollten Menschen mit Bradykardien, niedrigem Blutdruck und zu hohem Kalium sein. Nicht überdosieren!

Letzte Änderung: 01.10.2020 / © W. Arnold